Fachartikel

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Guter Schnitt – schlechter Schnitt

Guter Schnitt – schlechter Schnitt

Video Praxis: Heft 01/2007
(Seite 80 / 3 Seiten)

Damit der selbst aufgenommene Film beim Betrachter auch Gefallen findet, kommt es auf einen guten Filmschnitt an. Doch auch schon vor dem eigentlichen Schnitt – beim Filmen – können Sie viel dazu beitragen, später einen interessanten Film zu machen. Wenn Sie die  Grundregeln beachten, können Sie sicher sein, dass kein Zuschauer abschaltet, bevor das Filmende erreicht ist.

Ein guter Schnitt beginnt bereits beim Filmen. Daher sollten einige Regeln beachtet werden, um die Arbeitszeit, die für die spätere Nachbearbeitung nötig ist, zu minimieren. Einige Einsteiger in die Hobbyfilmerei halten zunächst die Kamera „drauf“ und lassen die Filmaufzeichnung laufen. Spätestens beim Sichten des Filmmaterials nach dem Überspielen auf den Rechner setzt dann der Frust ein. So können viele Arbeitsschritte nötig sein, um aus dem Film noch ein ansehnliches Ergebnis zu machen.

Viele Fehlerquellen sind möglich. Die Technik des Camcorders ist die erste – schlechte Lichtverhältnisse bei der Aufnahme eine andere. Auch schlechtes Wetter beeinflusst natürlich die Bildqualität. So können eventuell Farbstiche auftauchen oder die Aufnahme ist einfach nicht brillant, obwohl die Aufnahme bei strahlendem Sonnenschein entstanden ist. Natürlich gehört zum Filmen auch eine ruhige Hand oder ein Stativ. Große Beachtung sollte auch dem passenden Bildausschnitt geschenkt werden. Abgeschnittene Köpfe oder Füße machen sich nicht allzu gut. Oft geraten auch die bildwichtigen Motive zu klein, weil aus zu großer Entfernung gefilmt wurde. Eine weitere mögliche Fehlerquelle ist der Ton des Films. Vielleicht sind Dialoge nicht zu verstehen oder Nebengeräusche, wie beispielsweise Wind, stören die Aufnahme.

Voreinstellungen

Beim Neukauf eines Camcorders ist es zunächst wichtig, dass Sie mit den Möglichkeiten, die das Gerät bietet, vertraut sind. So können durch Aktivieren des automatischen Weißabgleichs beispielsweise Farbstiche leicht vermieden werden. Der automatische Weißabgleich sollte als Standard eingestellt werden. Ist er aktiviert, wird das Filmbild automatisch so abgestimmt, dass neutrale Farben entstehen. So wird beispielsweise eine Schneelandschaft zu jeder Tageszeit neutral weiß dargestellt, obwohl sich das Licht im Laufe des Tages verändert. Während es morgens und abends rötlicher erscheint, wirkt es mittags bläulicher. Es gibt allerdings einige wenige Szenen, bei denen der automatische Weißabgleich stört. Werden zum Beispiel romantische Aufnahmen bei Kerzenlicht gemacht, ergibt sich ein warmes, rötliches Filmbild. Dieser Farbstich würde mit dem automatischen Weißabgleich automatisch entfernt, was eine „kalte“ Aufnahme entstehen ließe.

Guter Schnitt – schlechter Schnitt
Der automatische Weißabgleich sorgt dafür, dass auch Schneelandschaften neutral weiß dargestellt werden – auch bei wechselndem Licht.

Tipp: Farbtemperatur und Weißabgleich

Licht ist nicht gleich Licht. Die Problematik ist schon aus der analogen Fotografie bekannt. So gab es seinerzeit beispielsweise Tages- und Kunstlichtfilme, die die Farbstiche verschiedener Tageszeiten ausgeglichen haben. Dies korrigiert heute der automatische Weißabgleich – sowohl bei digitalen Fotoapparaten als auch bei digitalen Camcordern. Die Farbe des Lichts wird in Grad Kelvin gemessen. Diese Gradzahl hat nur bedingt etwas mit Temperatur zu tun. Der Bezug zur Temperatur entstand ursprünglich durch einen Verhältniswert. Der absolute Nullpunkt 0° Kelvin entspricht -237° Celsius. Außerdem geht man von einem Objekt aus, das jegliches Licht absorbiert. Wenn man zum Beispiel Eisen auf 1.000° Kelvin erhitzt, beginnt das Stück Eisen, rötliches Licht anzustrahlen. Bei einer Erhitzung auf 6.000° Kelvin glüht das Eisen dagegen weiß. Bei noch stärkerer Erhitzung sendet es bläuliches Licht aus. So entstand die Messung der Farbtemperatur. Das Licht einer Kerze hat beispielsweise 1.000° Kelvin, durchschnittliches Tageslicht ungefähr 5.000° Kelvin und dicht bewölkter Himmel 9.000° Kelvin.

Erkenntnisse nutzen

Die Erkenntnisse über die Farbtemperatur lassen sich auch nutzen, um die Brillanz der Filmbilder zu verbessern. So erscheinen beispielsweise die Farben am frühen Nachmittag am klarsten – wenn die Sonne scheint. Wenn Sie dann zusätzlich noch darauf achten, dass Sie die Sonne im Rücken haben, erhalten Sie leuchtende Farben und einen strahlend blauen Himmel. Befindet sich die Sonne dagegen nicht mehr exakt im Rücken, ergibt sich ein blasseres Himmelblau. Dass sich die Sonne im Rücken befinden sollte, gilt übrigens auch bei bewölktem Himmel. Schließlich scheint die Sonne ja auch in diesem Fall – sie wird halt nur verdeckt. Daher wirken die Aufnahmen auch bei Bewölkung brillanter, wenn Sie den richtigen Standort wählen.

Bildstabilisator

Besonders beim Einsatz längerer Brennweiten werden Sie schnell bemerken, dass es schwierig wird, die Kamera ruhig zu halten. Der Grund liegt darin, dass der Bildwinkel bei größeren Brennweiten verkleinert wird. Dadurch verstärkt sich jede auch noch so kleine Bewegung. Alle misslungenen Szenen müssen dann nachträglich aus dem Film herausgeschnitten werden. Daher sollten Sie schon bei der Aufnahme versuchen, das Verwacklungsrisiko zu minimieren. Viele Camcorder bieten dafür zum Beispiel einen sogenannten Bildstabilisator an. Er kann helfen, die Verwacklungen zu reduzieren. Allerdings handeln Sie sich damit auch einen Nachteil ein: Die Bilder wirken leicht unscharf. Das liegt daran, dass die Filmbilder im Verwacklungsbereich interpoliert (neu berechnet) werden. Führen Sie Tests durch, ob Ihnen diese Qualitätseinbuße recht ist. Es gibt auch verschiedene Videobearbeitungsprogramme, die Funktionen anbieten, um die Verwacklungskorrektur nachträglich durchzuführen. Wunder dürfen Sie von der Bildstabilisierung aber nicht erwarten. Beim leichten Verwackeln kann sie helfen – wird der Camcorder aber stark verrissen, müssen die Bilder nachträglich herausgeschnitten werden. Um „stabile“ Filme zu erhalten, sollten Sie ein Stativ verwenden.

Eine Sonderfunktion, die von vielen Camcordern angeboten wird, sollten Sie allerdings nicht einsetzen: die digitalen Zooms. Der Zoom wird zwar häufig als gravierendes Werbeargument verwendet, ist in der täglichen Praxis aber unbrauchbar. Beim Digitalzoom wird der Bildausschnitt lediglich durch Vergrößern des Bilds verändert. Dabei werden die vorhandenen Bildinformationen nicht verbessert – es werden lediglich die vorhandenen Informationen interpoliert. Dabei wird ein Pixel in einer Zwischenfarbe der umliegenden Pixel eingefügt. Daher ist der digitale Zoom nicht empfehlenswert.

Tipp: Aufpassen mit Sonderfunktionen

Viele Camcorder bieten diverse zusätzliche Funktionen an, um Bilder beispielsweise zu überblenden oder schwarz-weiß beziehungsweise sepiafarben einzufärben.

Solche Funktionen sollten Sie nicht einsetzen. Es ist sinnvoller, derartige Veränderungen nachträglich mithilfe eines Videobearbeitungsprogramms vorzunehmen. Denn ist eine Filmszene bei der Aufnahme einmal geändert, gibt es kein Zurück. Nachträglich lassen sich diese Veränderungen nicht wieder zurücknehmen. Da die meisten der Videobearbeitungsprogramme solche Funktionen en masse anbieten, ist es empfehlenswert, solche Änderungen bei der Nachbearbeitung vorzunehmen. Gefällt Ihnen die Wirkung nicht, machen Sie die Änderungen einfach wieder rückgängig. Lediglich Funktionen, die nicht von Videobearbeitungsprogrammen angeboten werden, sollten bei der Aufnahme angewendet werden – dies dürfte allerdings nur sehr selten der Fall sein.

Guter Schnitt – schlechter Schnitt
Viele Bildveränderungsoptionen, die Camcorder anbieten, lassen sich einfacher bei der nachträglichen Bearbeitung vornehmen.

Guter Ton

Beim Ton hingegen ist es etwas anders. Camcorder bieten Funktionen an, um den Ton gleich bei der Aufnahme zu optimieren. Verfügt Ihr Camcorder beispielsweise über eine Windschutzfilter-Funktion, sollten Sie diese bei Außenaufnahmen aktivieren. Diese Funktion verringert die Windgeräusche im Mikrofon. Wie effektiv der Filter arbeitet, hängt vom jeweils verwendeten Camcorder-Modell ab. Gibt es eine solche Funktion nicht, müssen Sie sich beim Einsatz eines Stabmikrofons mit einer Kunstfellhaube behelfen. Da der Ton nachträglich ohne Weiteres entfernt werden kann, sollten Sie ihn bei der Aufnahme ruhig immer mit aufnehmen. Bei Passagen, bei denen die Originalgeräusche stören, schneiden Sie nachträglich die Tonspur heraus.

Guter Schnitt – schlechter Schnitt
Stört bei Szenen der Ton, kann er nachträglich leicht entfernt werden. Daher sollten Sie ihn immer erst einmal aufnehmen, vielleicht lohnt er ja doch.

Aufnahmefehler vermeiden

Auch bei der eigentlichen Aufnahme haben Sie Möglichkeiten, die spätere Bearbeitungszeit zu reduzieren. Filmen Sie lieber etwas zu viel, als zu wenig. Überflüssige Szenen lassen sich später leicht wieder entfernen. Fehlende Szenen können dagegen nicht mehr eingefügt werden. Eins ist schwierig, sollte aber dennoch beherzigt werden: Vermeiden Sie Emotionen bei der Aufnahme. Sollten Sie beispielsweise ein Fußballspiel Ihres Sohnes aufnehmen und verreißen beim gelungenen Torschuss die Kamera beim Jubeln, fehlt diese Szene vielleicht im fertigen Film. Da dieser Moment nicht wiederkehrt, sollten Sie sich den spontanen Jubel – auch wenn es schwerfällt – verkneifen.

Für ein gelungenes Ergebnis ist außerdem die Bildaufteilung wichtig. Eine Standardfilmregel lautet: „Ran an das Motiv.“ Anfänger bilden das bildwichtige Motiv oft zu klein ab. Falls Ihr Kamerazoom nicht ausreicht, das Motiv bildfüllend darzustellen, gehen Sie näher an das Motiv heran.

Guter Schnitt – schlechter Schnitt
Gehen Sie nah genug an das Motiv heran oder verwenden Sie den Zoom Ihres Camcorders. Das Motiv sollte nicht in zu viel Hintergrund verschwinden.

In vielen Fällen lässt sich übrigens die Wahl eines ungünstigen Bildausschnitts an der Bildqualität erkennen. Das erste der folgenden drei Filmbilder wirkt nicht brillant – dies liegt aber nicht etwa an einer fehlerhaften Belichtung des Films. Der Grund ist eine falsche Bildaufteilung. Der Horizont sollte nicht durch die Bildmitte verlaufen. Stellen Sie sich die Frage, welcher Bildteil dargestellt werden soll – der Himmel oder das Feld. Eine Filmregel besagt, dass der Horizont bei einem Drittel der Filmbildhöhe verlaufen sollte. Je nachdem, ob das Feld oder der Himmel das Bild dominieren soll, sollte der Horizont durch das obere oder untere Bilddrittel verlaufen. Automatisch erhalten Sie auch eine korrekte Belichtung. Entweder der Himmel oder das Feld ist korrekt belichtet. Läuft der Horizont dagegen durch die Bildmitte, „mittet“ die Kamera die Belichtung ein, was zur Folge hat, dass keines der beiden Bildteile korrekt belichtet wird.

Guter Schnitt – schlechter Schnitt
1/3 zu 2/3: Der Horizont sollte immer durch das obere oder untere Bilddrittel verlaufen – ob weiter oder weiter unten, hängt davon ab, was das Bild dominieren soll: der Himmel oder die Erde.

Stimmungen durch Schnitt

Wenn es dann schließlich zum Zusammenschneiden des Ergebnisses kommt, sollten Sie immer an den Zuschauer denken. Passiert in Szenen, die über einen längeren Zeitraum aufgenommen wurden, zu wenig, ist der Zuschauer schnell gelangweilt. Ist die lange Szene aber notwendig, um bestimmte Inhalte wiederzugeben, müssen Sie sich anders behelfen. So können Zwischenschnitte von Naheinstellungen sinnvoll sein und zur Spannung beitragen. Gegenüber dem Filmprofi hat der Filmamateur naturgemäß einen erheblichen Nachteil: Da nur mit einer einzigen Kamera gefilmt wird, gibt es meist nur eine Totale oder eine Naheinstellung. Wenn vorher bekannt ist, dass in einer bestimmten Situation wenig passieren wird, können Sie während der Szene näher heranzoomen. Ist dies nicht möglich, können Sie noch andere Tricks nutzen. Lassen Sie zum Beispiel den Ton der Hauptszene bestehen und schneiden Sie die Bilder anderer Szenen dazu, sodass die Gesamthandlung aufgelockert wird. Um Stimmungen im geschnittenen Film wiedergeben zu können, sollte folgende Regel beachtet werden: Längere Szenen mit weichen Überblendungen geben Ruhe wieder. Kurze Filmschnipsel mit harten Schnitten lassen Szenen dagegen hektischer – schneller – erscheinen. Diese Variante wird Ihnen beispielsweise bei Musikvideos oft begegnen. Stimmungen lassen sich außerdem gut mit Musikuntermalung erzeugen. Legen Sie eine ruhige Musik unter die Haupthandlung, um Ruhe wiederzugeben. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die unterlegte Musik nicht zu laut eingestellt werden darf, um der Handlung das nötige „Gewicht“ zu geben. Werden Konversationen gefilmt, sind ebenfalls einige Regeln zu beachten. Sollen die Personen in Einzelnaheinstellungen aufgenommen werden, müssen sich die Personen nach dem Schnitt sozusagen „ansehen“. Sie dürfen also nicht in unterschiedliche bzw. „falsche“ Richtungen sehen. Dies irritiert den Betrachter, da er die räumliche Positionierung nicht nachvollziehen kann. Verschwindet ein laufendes Tier zum Beispiel bei einer Szene nach links aus dem Bild, sollte es bei der folgenden Szene von rechts in das Bild zurückkehren, damit die Richtung  des Laufens gewahrt bleibt. Es gibt sogar eine Reihe von Webseiten, die bei professionellen Kinofilmen nach derartigen Schnittfehlern der Regisseure suchen (z. B. www.dieseher.de). Auffallend ist abschließend, dass „große“ Filme immer in einer „Schleife“ enden. Der in den Sonnenaufgang reitende Lucky Luke ist ein solches Beispiel. Der Film beginnt und endet mit einer ähnlichen Szene – der Kreis schließt sich.

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