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Lektion 55: Technik: Four Thirds

Die große Fotoschule II - Four Thirds

Die große Fotoschule II:
Teil 4 - 2010
(Seite 87 / 3 Seiten)

Der Experte für Fotogrundlagen:

Michael Gradias

Michael Gradias:

"Spätestens seit dem Siegeszug der spiegellosen Systemkameras ist Four Thirds in aller Munde. Wir zeigen in dieser Lektion, was der Ursprung der Technik, der Four-Thirds-Standard, zu bieten hat."

Was steckt inter Four Thirds?

Die relativ neue Spezies der Four-Thirds-Kameras erobert immer weiter den Markt. Was sich hinter dem Four-Thirds-System verbirgt und welche Vor- und Nachteile Kameras haben, die solche Sensoren enthalten, erfahren Sie in dieser Lektion.

Zu Beginn der digitalen Fotografie waren zunächst die Kompaktkameras auf dem Vormarsch, ehe die Spiegelreflexkameras auch das digitale Terrain eroberten. Dabei ergab sich ein Manko: Der Käufer fand Gefallen an den kleinen und leichten Kompaktkameras, aber bei Spiegelreflexkameras ist diese kompakte Bauweise nicht möglich. Schuld daran ist einerseits der größere Sensor und zum anderen der Spiegelkasten, der das Bild zum Sucher umlenkt. Im Vergleich zu den winzigen Sensoren der Kompaktkameras bietet der größere APS-C-Sensor, der in den digitalen Spiegelreflexkameras verbaut wird, aber einen erheblichen Vorteil: Die Bildqualität ist nicht nur deutlich besser und detailreicher, es können auch höhere Empfindlichkeiten genutzt werden, ohne dass das damit einhergehende Bildrauschen zu stark auffallen würde. Bei Kompaktkameras wird das Bild sehr schnell unansehnlich, wenn höhere Empfindlichkeiten zum Einsatz kommen.

Die große Fotoschule II - Four Thirds
Im Vergleich zum Kleinbildfilm ist der Four-Thirds-Sensor (innen) kleiner als die in Spiegelreflexkameras verbauten APS-C-Sensoren (äußere Markierung)

Die Ingenieure hatten nun ein Dilemma zu bewältigen. Die engagierten Fotoamateure wollten gerne mit kompakten Kameras fotografieren und dennoch nicht auf eine exzellente Bildqualität verzichten. Auch das Fotografieren bei wenig Licht sollte möglich sein.

1. Der Beginn

Olympus und Kodak machten sich zuerst gemeinsam an die Lösung des Problems. Im Herbst 2003 wurde mit der Olympus E-1 das erste Modell vorgestellt, das sehr gut einschlug. Die Überlegung war folgende: Um eine gute Bildqualität zu erreichen, sollte die Kamera einen großen Sensor enthalten, der aber kleiner als ein APS-C-Sensor ist. Dabei nahm man auf keinerlei Kompatibilität Rücksicht und entwickelte ein völlig neuartiges Bajonett. Es wird eine offene Lizenzpolitik betrieben, sodass es anderen Kameraherstellern ebenfalls möglich ist, Kameras im Four-Thirds- und Micro-Four-Thirds-Standard zu entwickeln. Bisher macht Panasonic mit den Lumix-Kameras der G-Serie davon regen Gebrauch. Da der Sensor kleiner als ein APS-C-Sensor ist, gelang damit ein Kompromiss, bei dem kompakte Bauweisen möglich sind. Zusätzlich entfällt inzwischen bei vielen Modellen der Spiegelkasten, sodass die Kameras noch kompakter gebaut werden können.

Die große Fotoschule II - Four Thirds
Die Olympus E-1 war die erste Kamera mit dem Four-Thirds-Standard. Sie wurde 2003 vorgestellt.

2. Der Aufbau

Während beim Kleinbildformat Fotos in einer Größe von 24 x 36 mm entstehen, sind die APS-C-Sensoren ungefähr 16 x 24 mm groß. Bei den Four-Thirds-Sensoren wählte man eine Größe, die nur wenig darunter liegt: Die Sensoren sind etwa 13 x 17,3 mm groß. Dies gewährleistet eine gute Bildqualität, da die Fotodioden, die auf dem Sensor untergebracht sind, groß genug sind, um ausreichend viel Licht auffangen zu können. Auch das Rauschverhalten ist bei dieser Sensorgröße durchaus als gut zu bezeichnen.

Die große Fotoschule II - Four Thirds
Dank des relativ großen Sensors entstehen brillante Bilder, die auch die Details sauber wiedergeben, wie bei diesem Beispielbild, das mit einer Lumix DMC-G1 entstanden ist.

Zu Beginn verfügten auch die Four-Thirds-Kameras noch über einen optischen Sucher, wie er von Spiegelreflexkameras bekannt ist. In der letzten Zeit tauchen nun auch immer mehr Modelle auf, die auf diesen optischen Sucher verzichten und stattdessen ein Sucherbild generieren, das von den Sensordaten stammt. Momentan sind diese elektronischen Sucher allerdings noch nicht so perfekt, um einen optischen Sucher ersetzen zu können, da die Auflösung noch relativ gering ist. Dazu kommt ein unschönes Rauschen bei schlechten Lichtverhältnissen. Auch schnelle Bewegungen mögen elektronische Sucher nicht allzu sehr – hier kommt es zu Verwischungen, die bei der Bildbeurteilung stören.

Da beim elektronischen Sucher kein Umlenken des Lichtstrahls mithilfe eines Spiegels mehr notwendig ist, hat sich auch die Bezeichnung derartiger Kameras geändert, weil „Spiegelreflexkamera“ hierfür eine falsche Bezeichnung ist. Man nennt derartige Modelle daher EVIL-Kameras (Electronic Viewfinder, Interchangeable Lens/Elektronischer Sucher, wechselbares Objektiv). Das Wegfallen des Spiegelkastens bietet zwei Vorteile: Einerseits lassen sich die Kameras deutlich kompakter bauen und zum anderen entfällt der für Spiegelreflexkameras typische Spiegelschlag. Dies ist nicht nur akustisch angenehmer (beispielsweise bei Aufnahmesituationen, in denen unbedingte Ruhe wichtig ist, wie etwa bei Aufnahmen im Theater), sondern verhindert auch etwaige Erschütterungen, die zu Verwacklungen führen könnten, was zum Beispiel bei Aufnahmen im Nahbereich von großer Bedeutung ist. Zwar bieten die höherwertigen Spiegelreflexkameras die sogenannte Spiegelvorauslösung als Behelf an, damit lässt sich die Erschütterung aber nicht in allen Fällen vollends beseitigen.

Die große Fotoschule II - Four Thirds
Bei der Olympus Pen handelt es sich um eine Kamera nach dem Micro-Four-Thirds-Standard, die ohne einen Spiegelkasten auskommt und daher extrem klein ist. Die Objektive können dennoch gewechselt werden.

3. Die Schärfentiefe

Bei der kreativen Fotografie besteht ein bedeutender Unterschied zwischen Kameras mit unterschiedlich großen Sensoren. Das hat mit den physikalischen Gegebenheiten der Fotografie zu tun. Je kürzer die Brennweite eines Objektivs ist, desto größer ist der scharf abgebildete Bereich im Bild. Daher rührt auch, dass es bei Kompaktkameras immer eine große Schärfentiefe im Bild gibt, da die Objektive durch den winzigen Sensor nur über kurze Brennweiten verfügen. Damit man den Bildausschnitt, der sich bei einer bestimmten Brennweite ergibt, mit dem Kleinbildformat gleichsetzen kann, hat man die sogenannten Formatfaktoren eingeführt. Dies führt dazu, dass zum Beispiel beim Four-Thirds-Standard mit einem Objektiv mit einer Brennweite von 100 mm genau derselbe Bildausschnitt erfasst werden kann, als wenn Sie bei einer Kleinbildkamera ein Objektiv mit einer Brennweite von 200 mm verwenden, da der Formatfaktor des Four-Thirds-Standards 2 beträgt. Mit der Schärfentiefe hat der Formatfaktor allerdings nichts zu tun. Das führt dazu, dass der Schärfentiefebereich beim 100-mm-Objektiv größer ist als bei dem Objektiv mit einer Brennweite von 200 mm. Kreative Fotografen bevorzugen das Freistellen von Objekten. Das bedeutet, dass beispielsweise eine Blume scharf vor einem unscharfen Hintergrund abgebildet wird. Dies ist mit Kameras mit kleinen Sensoren schwerer zu verwirklichen. Sie haben zwei Möglichkeiten, um dies auszugleichen: Einerseits könnten Sie die Blende weiter öffnen. Momentan ist es zwar bauartbedingt möglich, lichtstärkere Objektive für den Four-Thirds-Standard zu entwickeln, es sind zurzeit aber noch keine derartigen Varianten erhältlich. Die andere Möglichkeit ist, ein Objektiv mit derselben Brennweite wie beim Kleinbildformat zu verwenden. Sie müssen sich dann allerdings deutlich weiter vom Objekt der Begierde entfernen, damit derselbe Bildausschnitt zu sehen ist. Fotografen, die niemals mit Kameras fotografiert haben, die einen größeren Sensor besitzen, werden sich an diese unveränderbaren Faktoren allerdings schneller gewöhnen können als Umsteiger, die sich an die größeren Sensoren gewöhnt haben.

Die große Fotoschule II - Four Thirds
Das Freistellen von Motiven ist beim Four-Thirds-System schwieriger als bei Kameras im Kleinbild- oder APS-C-Format. Dieses Beispielbild ist mit einer Panasonic Lumix DMC-G1 bei einer Brennweite von 200 mm (umgerechnet 400 mm Kleinbildäquivalent)

Fachbegriffe rund um den Standard Four-Thirds

Einige Fachbegriffe werden Ihnen im Zusammenhang mit Four-Thirds immer wieder begegnen. Einige wichtige Fachbegriffe haben wir hier für Sie zusammengestellt:

Four-Thirds Der Name des Four-Thirds-Standards kommt nicht – wie oft vermutet – von dem meist verwendeten Seitenverhältnis von 4:3. Die Namensgebung stammt von einem sehr alten Verfahren. Dabei wird eine Videoröhre herangezogen. Der äußere Glasdurchmesser wird dabei als Maßeinheit verwendet. So entspricht die Bildgröße bei einem Four-Third-Sensor der einer Videoröhre, die einen Außendurchmesser von vier Drittel Zoll misst.

Formatfaktor Um den Bildwinkel, der sich bei den Objektiven des Four-Thirds-Standards ergibt, mit dem vergleichen zu können, der bei einer Aufnahme mit einer Kleinbildkamera entsteht, wird der sogenannte Formatfaktor benötigt. Er beträgt bei Four-Thirds etwa 2. Das bedeutet, dass beispielsweise mit einer Brennweite von 100 mm genau derselbe Bildausschnitt entsteht, als wenn Sie bei einer Kleinbildkamera ein Objektiv mit einer Brennweite von 200 mm verwenden. Ein „Normalobjektiv“ besitzt beim Four-Thirds-System daher eine Brennweite von etwa 22 mm.

Micro-Four-Thirds Der 2008 vorgestellte Micro-Four-Thirds-Standard verwendet ein kleineres Auflagemaß als die Kameras des Four-Thirds-Systems. Es beträgt 21 Millimeter. Durch das kleinere Auflagemaß sind kompaktere Kamerakonstruktionen möglich. Mithilfe eines Adapters können dieselben Objektive genutzt werden. Die erste Micro-Four-Thirds-Kamera war die Panasonic Lumix DMC-G1.

Auflagemaß Das Auflagemaß bestimmt den Abstand von der Bildebene (dem Sensor) bis zum Bajonett, an dem das Objektiv angebracht wird. Kameras, die ohne einen Schwingspiegel auskommen, besitzen daher ein deutlich kleineres Auflagemaß, da der Raum, den der Schwingspiegel in Anspruch nimmt, ja entfällt. So sind kompaktere Bauweisen möglich.

Frage an den Experten

Michael Gradias

Vor- oder Nachteile von Four-Thirds?

Die Vor- und Nachteile eines Kamerasystems entstehen stets durch die Größe des Sensors. Da der (Micro-)Four-Thirds-Sensor kleiner ist als der Sensor der üblichen APS-C-Spiegelreflexkameras, lassen sich kleinere und kompaktere Kameras bauen, die sich auch durch das geringe Gewicht ideal als „Immer-dabei“-Kameras eignen. Durch die Objektivwechselmöglichkeit behält man dennoch die kreativen Optionen, die man von den Spiegelreflexkameras gewohnt ist. Allerdings muss hier erwähnt werden, dass das Objektivangebot momentan noch ausgebaut wird. Die Auswahl ist bei Weitem nicht so vielfältig, wie man es von den Spiegelreflexsystemen gewohnt ist. Die Nachteile dieses Systems ergeben sich dadurch, dass die Bildqualität eines kleineren Sensors nicht an die Bildqualität heranreichen kann, die mit größeren Sensoren erreicht wird. Dies macht sich im Besonderen beim Einsatz höherer Empfindlichkeiten bemerkbar. Das lästige Bildrauschen setzt früher ein, als bei den Spiegelreflex-Pendants.

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