Fachartikel

Von 1997 bis 2013 erschienen Artikel von mir in den Fachzeitschriften PC Praxis, Foto Praxis, Video Praxis und der Photoshop Praxis sowie der Business Praxis. Nachfolgend finden Sie alle erschienenen Artikel aufgelistet. Eine kurze Beschreibung zeigt Ihnen, worum es in dem Artikel geht. Klicken Sie einfach auf den Link, um den gesamten Artikel zu lesen. Die Bilder in den Artikeln sind mit vergrößerten Darstellungen verknüpft.

Fachartikel

Lektion 69: Technik: Micro-Four-Thirds

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds

Die große Fotoschule II:
Teil 5 - 2010
(Seite 87 / 5 Seiten)

Der Experte für Fotogrundlagen:

Michael Gradias

Michael Gradias:

"Die spiegellosen Systemkameras haben den Fotomarkt im letzten Jahr gehörig aufgemischt und werden auch in diesem Jahr in Massen über die Verkaufstresen gehen. Doch was kann die Technik? Sind die Kameras wirklich so gut wie digitale SLRs? Wir klären Sie in dieser Lektion auf."

Technik: Micro-Four-Thirds

Neben dem Vollformatsensor und den APS-C-Sensoren werden in der letzten Zeit häufiger neue Kameras vorgestellt, die eine neue Sensorgröße besitzen: die Micro-Four-Thirds-Kameras. Was sich hinter dem Four-Thirds-System verbirgt und welche Vor- und Nachteile Kameras des Micro-Four-Thirds-Systems haben, erfahren Sie in dieser Lektion.

Die Angaben über die verwendete Brennweite orientieren sich auch heute noch an den Werten der analogen Kleinbildkameras. Wie ist das zu erklären? Der Deutsche Oskar Barnack nutzte 1913 den 35-mm-Kinofilm für die Konstruktion der ersten Kleinbildkamera, die ab 1924 in Serie gefertigt wurde. Daraus entwickelte sich später die Kleinbildfotografie. Die etwas unterschiedlichen Maße kommen daher, dass der Kinofilm um 90 Grad gedreht wurde. So ergab sich aus zwei Kinofilmbildern im Format 18 x 24 mm ein Kleinbildfoto mit den Maßen 24 x 36 mm. Dieses Kleinbildformat ist auch bei der digitalen Fotografie noch die Grundlage verschiedener Berechnungen. Zunächst besaßen die digitalen Kameras – zum Beispiel die Kompaktkameras – sehr kleine Sensoren. Die Sensorgröße beeinflusst, wie die verwendete Brennweite des Objektivs wirkt.

Damit bei den Angaben der Brennweiten kein heilloses Durcheinander entsteht, hat man sich darauf geeinigt, die Angaben zu standardisieren und so umzurechnen, dass sie den Brennweiten des am weitesten verbreiteten Kleinbildformats entsprechen. Der Bildausschnitt, der etwa bei einem 300-mm-Objektiv einer Kleinbildkamera zu sehen ist, entspricht so dem Bildausschnitt, den Sie auch bei einer Kompaktkamera sehen, wenn Sie den Zoom auf 300 mm einstellen. Daher kommen die unterschiedlichen Cropfaktoren (Beschneidungsfaktoren), die bei der Umrechnung der Brennweiten im Vergleich zur Kleinbildfotografie helfen sollen. Ein wenig Mathematik gehört also in der digitalen Fotografie immer dazu!

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Die Formate der digitalen Kameras im Vergleich zum analogen Kleinbildfilm (von außen nach innen): APS-C und Four Thirds.

1. Die Entwicklung

Der Micro-Four-Thirds-Sensor hielt zunächst bei „normalen“ digitalen Spiegelreflexkameras Einzug. Im Herbst 2003 stellte Olympus mit der E-1 das erste Modell der neuen Generation vor. Der verbaute Sensor hat eine Größe von etwa 13 x 17,2 mm. Bei dieser relativ großen Sensorgröße ist eine sehr gute Bildqualität und ein akzeptables Rauschverhalten möglich. Bei der Vorstellung des neuen Standards wurde keine Rücksicht auf Kompatibilität mit bestehenden Bajonetten genommen. Das völlig neue Bajonett ermöglichte eine zeitgemäße Neuentwicklung von Objektiven. Da eine offene Lizenzpolitik betrieben wurde, war es anderen Kameraherstellern ebenfalls möglich, Modelle mit dem Four-Thirds-Standard zu entwickeln. Die nächste Stufe der Entwicklung war dann der Wegfall des Spiegelkastens. Anstatt den Lichtstrahl über Spiegel in den Sucher umzulenken, wurden nun die Sensordaten verwendet, um ein Sucherbild in einem elektronischen Sucher anzuzeigen. Die Panasonic Lumix DMC-G1 war im Oktober 2008 die erste Kamera, die mit dem Micro-Four-Thirds-Standard vorgestellt wurde. Seitdem folgten eine ganze Reihe neuer Kameras nach diesem Standard. Aktuell produzieren Olympus und Panasonic solche Modelle. Von derzeitig 10 verfügbaren Modellen stammen drei aus der PEN-Serie von Olympus – die anderen sieben Modelle sind in der Lumix G-Reihe angesiedelt. Panasonic bietet in der GH-Serie etwas größere und leistungsfähigere Modelle an, während die GF-Serie mit der Lumix GF1 und GF2 von ihrer Größe eher an Kompaktkameras erinnern. Olympus hat die PEN-Reihe im Retro-Look aufgebaut, der an die analogen PEN-Kameras angelehnt ist, die in den Sechzigerjahren auf dem Markt waren.

2. Die Folgen des neuen Standards

Zu Zeiten der analogen Spiegelreflexfotografie war es klar: Bei Spiegelreflexkameras konnten die Objektive gewechselt werden und bei Kompaktkameras nicht. Durch die neuen Micro-Four-Thirds-Kameras hat sich das geändert: Man kann sie nicht als „Spiegelreflexkameras“ bezeichnen und die Objektive können gewechselt werden. Daher haben sich zwei neue Begriffe eingebürgert: Systemkameras ist die eine Bezeichnung, EVIL-Kameras die andere. Mit der Bezeichnung EVIL meint man Electronic Viewfinder, Interchangeable Lens (elektronischer Sucher, wechselbares Objektiv). Einerseits der kleinere Sensor gegenüber den Spiegelreflexkameras und andererseits der weggefallene Spiegelkasten sorgen dafür, dass die Systemkameras deutlich kleiner sind als die Spiegelreflexpendants. Die Möglichkeit des Objektivwechsels bringt einige Vorteile mit sich.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Systemkameras (hier die Lumix GF1) sind im Vergleich zu Spiegelreflexkameras (hier eine Nikon D300) deutlich kompakter gebaut und so ideale Reisebegleiter.

Kann der Fotograf immer das geeignete Objektiv für die entsprechende Situation verwenden, erhöht dies den kreativen Spielraum, um wirkungsvolle Ergebnisse zu erhalten. Die Makrofotografie ist dabei nur ein Beispiel.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Die Wechselbarkeit der Objektive bietet mehr kreativen Spielraum – wie hier bei einer Makroaufnahme, die mit einer Lumix G1 entstanden ist.

Dass die Micro-Four-Thirds-Kameras ohne einen Sucher auskommen, bietet derzeit nicht nur Vorteile, da die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Steht beispielsweise wenig Licht zur Verfügung, rauscht das Monitorbild so heftig, dass eine genaue Beurteilung schwierig wird. Auch wenn die Kamera geschwenkt wird oder sich das fotografierte Objekt bewegt, gibt es einen Nachteil, weil das Monitorbild dann „verwischt“. Bei der Auflösung der sucherinternen Monitore wird sich sicherlich bald noch einiges tun. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Auflösung so gut ist, dass einzelne Bildpixel nicht mehr erkennbar sind. Der Sucher der Lumix GH1 kann schon als recht ordentlich bezeichnet werden, auch wenn hier noch ein wenig „Luft nach oben“ ist. Bei einigen Modellen ist der Sucher integriert; andere Hersteller, wie etwa Olympus bei der Pen E-P1, liefern den Sucher getrennt mit. Wer das Bild lieber durch einen Sucher betrachtet, kann so den optischen Sucher (in diesem Fall ist es kein elektronischer Sucher) auf den Blitzschuh aufschieben. Der Blick durch den Sucher entspricht dann in etwa den früheren Sucherkameras. Damit der Bildausschnitt mit dem späteren Bildergebnis übereinstimmt, muss der aufsteckbare Sucher entsprechend korrigiert sein. Ein Nachteil ist dabei, dass der Sucher – je nach verwendetem Objektiv – nicht den korrekten Bildausschnitt zeigt. Auch die Bildschärfe lässt sich hierbei nicht begutachten, insofern kann solch ein Sucher nur als „Notbehelf“ dienen. Für die neuere Pen E-P2 und die E-PL1 bietet Olympus optional einen auf den Blitzschuh aufsteckbaren elektronischen Sucher an, ebenso wie Panasonic bei der Lumix GF1. Leider ist der elektronische Sucher von Panasonic mit einem Preis von etwa 230 Euro recht teuer und damit eher „Luxus“.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Für die Olympus E-P2 wird ein aufsteckbarer elektronischer Sucher angeboten, der aber gesondert erworben werden muss.
Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Der Olympus Pen E P-1 liegt ein einfacher optischer Sucher bei, der auf den Blitzschuh aufgeschoben werden kann.

3. Unterschiede

Im Gegensatz zu einfacheren Kompaktkameras zeichnet die Systemkameras ihre robuste Bauart aus. So kommt beispielsweise die Lumix GF1 in einem Metallgehäuse daher. Das erhöht zwar das Gewicht ein wenig, dafür stören die Kamera kleinere Stöße wenig. Die Kamera macht dadurch auch einen sehr hochwertigen Eindruck. Trotz des kleinen Gehäuses liegen die recht kantig gebauten Kameras gut in der Hand. Die von den Spiegelreflexkameras gewohnten ausgeformten Handgriffe sind aber der Kompaktheit zum Opfer gefallen. Wenn Sie Objektive mit größeren Brennweiten einsetzen, ist die Handhabung daher nicht so praktisch wie bei den größeren Spiegelreflexkameras. Sie müssen die Kamera dann mit beiden Händen festhalten, damit sie nicht „umkippt“. Beim Einsatz von Teleobjektiven sind daher die Spiegelreflexkameras gegenüber den Systemkameras im Vorteil, auch wenn deren Gewicht größer ist. Interessant ist ein neuer Adapter, der ermöglicht, EOS-Objektive an Kameras des Micro-Four-Thirds-Systems anzusetzen. So können Sie auf ein riesiges Angebot an hochwertigen Objektiven zurückgreifen.

Kameras des Micro-Four-Thirds-Standards verwenden übrigens dieselben Sensoren wie  Kameras mit dem Four-Thirds-Sensor. Der Unterschied besteht nur in einem geringeren „Auflagemaß“ – der Abstand vom Sensor zum Bajonett ist halb so groß wie bei den Four-Thirds-Modellen. Dazu kommt, dass der Bajonettdurchmesser 6 mm kleiner ist. Dies hat zur Folge, dass ein Adapter verwendet werden muss, um die Objektivkompatibilität zwischen diesen beiden Systemen zu gewährleisten. Da das Micro-Four-Thirds-System ein neuer, offener Standard ist, sind die Objektive kompatibel. So lassen sich die Lumix-Objektive auch an der Olympus verwenden und umgekehrt.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Der Aufbau einer Systemkamera (hier die Lumix GH1) ohne Spiegel und mit einem elektronischen Sucher im Vergleich zu einer Spiegelreflexkamera.

Die Systemkameras zeichnen sich im Gegensatz zu den einfacheren Kompaktkameras oft auch dadurch aus, dass wichtige Einstellungen mit den vorhandenen Bedienelementen vorgenommen werden können, so wie es auch bei Spiegelreflexkameras üblich ist. So ersparen Sie sich den aufwendigeren Umweg über das Menü. Bei der Lumix GF1 können Sie beispielsweise so den Serienbildmodus mit einem Schalter am Moduswahlrad einstellen.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Bei der Lumix GF1 lässt sich der Serienbildmodus mit einem Schalter am Moduswahlrad einstellen.

Die Ausstattung variiert zwischen den Herstellern ein wenig. So hat die Lumix GF1 beispielsweise einen integrierten Blitz – die Pen dagegen nicht. Auch die Monitorauflösung variiert. Zwar sind fast alle Monitore mit 3 Zoll erfreulich groß, während die Lumix GF1 aber eine Auflösung von 460.000 Pixeln anbietet, sind es bei der Pen E-P1 „nur“ 230.000 Pixel. Da weit mehr Anwender den Monitor als die optionalen Sucher verwenden, ist ein guter Monitor von großer Bedeutung.

4. Das Kernstück: der Sensor

Größtes Manko der Kompaktkameras ist der winzig kleine Sensor, der zwangsläufig zu einer schlechteren Bildqualität führt. Der große Sensor der Spiegelreflexkameras ist auch verantwortlich für die brillante Bildqualität, die sich erzielen lässt. Der (Micro-)Four-Thirds-Sensor ist mit seiner Größe von etwa 13 x 17,3 mm nur geringfügig kleiner als die APS-C-Sensoren, die bei Spiegelreflexkameras am häufigsten eingesetzt werden. Dadurch lässt sich eine gute Bildqualität erzielen, wenn sie auch nicht ganz so brillant ist wie bei den APS-C-Sensoren. Die gute Bildqualität ist auch der bedeutendste Grund für die Beliebtheit der neuen Micro-Four-Thirds-Modelle.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Die Bildqualität der Micro-Four-Thirds-Sensoren ist ausgezeichnet und steht den Spiegelreflexmodellen in nichts nach. Dieses Foto entstand mit einer Lumix G1.

Hinzu kommt, dass durch den größeren Sensor und die dadurch verwendeten größeren Fotodioden mehr Licht als bei Kompaktkameras aufgenommen wird. So lassen sich die Kameras mit Micro-Four-Thirds-Sensor auch für die Available-Light-Fotografie relativ gut einsetzen. Das Bildrauschen hält sich auch bei höheren Empfindlichkeiten in Grenzen. Bei vielen Kompaktkameras ist bereits bei 200 oder 400 ISO ein störendes Bildrauschen zu erkennen. Bei den Micro-Four-Thirds-Kameras können Sie auch 800 oder 1.600 ISO einsetzen und dennoch akzeptable Ergebnisse erzielen. Die noch höheren Empfindlichkeiten sollte man dagegen nur bei Spiegelreflexkameras einsetzen.

5. Menüfunktionen

Bei den Menüfunktionen sind die Systemkameras den Kompaktkameras ähnlicher als den Spiegelreflexmodellen. Die Menüs sind wie bei den Kompaktkameras vollgestopft mit Funktionen, um beispielsweise Effekte an den aufgenommenen Fotos anzuwenden oder die Bildoptimierung anzupassen. Außerdem lassen sich die Kameras sehr weit personalisieren. Eigene Einstellungen lassen sich speichern und sind so für spätere Aufnahmesessions verfügbar. Meist werden auch diverse Motivprogramme angeboten, um dem Einsteiger den Start in die digitale Fotografie zu erleichtern. Während vor ein paar Jahren die Spiegelreflexkameras nur sehr wenige Menüfunktionen angeboten haben, holen sie bei den aktuellen Modellen allerdings gewaltig auf. So enthalten die aktuellen Modelle fast eine komplette „Bildbearbeitung“ zur Bildoptimierung oder Effektanwendung. Sogar Korrekturen von Objektivfehlern lassen sich direkt in der Kamera anwenden. In diesem Zusammenhang sollte man allerdings auch erwähnen, dass es nicht immer empfehlenswert ist, die Funktionen der Kameras einzusetzen. Wenn Sie über ein Bildbearbeitungsprogramm verfügen, lassen sich die Bearbeitungen am PC deutlich präziser durchführen. Außerdem bieten die Bildbearbeitungsprogramme erweiterte Funktionen zur Bildoptimierung an.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Der Menüaufbau der Micro-Four-Thirds-Kameras ähnelt dem der Kompaktkameras – wie hier am Beispiel der G2.

6. Autofokus

In einem Punkt müssen sich die Systemkameras den Spiegelreflexmodellen allerdings geschlagen geben: Das automatische Fokussieren ist langsamer. Das liegt an den unterschiedlichen Verfahren, wie die korrekte Schärfe ermittelt wird. Beim Autofokus kommen zwei verschiedene Techniken zum Einsatz: der Phasenvergleich und die Kontrasterkennung, wobei der Phasenvergleich nicht nur die ältere, sondern auch die bessere und schnellere Technik ist. Für dieses komplexe Verfahren werden spezielle Sensoren in die Kameras integriert. Diese Autofokus-Sensoren kommen in digitalen Spiegelreflexkameras zum Einsatz, während Kompaktkameras mit der Kontrasterkennung fokussieren. Bei der Kontrastmessung wird die Bildweite des Objektivs verändert, bis der maximale Kontrast erreicht ist. Da dabei mehrere Stellen untersucht werden, dauert dieses Verfahren länger. Hinzu kommt, dass dafür einige Rechenleistung erforderlich ist, was ebenfalls zu Verzögerungen führt. Man kann diese Art der Fokussierung auch wie folgt beschreiben: Die Kamera „weiß“ natürlich nicht, wie weit ein Objekt entfernt ist oder wann es scharf abgebildet ist. Sie sucht im Bild nach Kontrasten. Werden senkrechte oder schräge Linien im Bild gefunden, wird der Fokus so eingestellt, dass die Linien möglichst kontrastreich – also scharfkantig – abgebildet werden. Durch diese Fokussierung auf den höchsten Kontrast der Linien wird gleichzeitig die korrekte Schärfe ermittelt. Man könnte sagen, dass der Autofokus die Linien „zur Deckung“ bringt.

Bei der Olympus E P-1 arbeitet der Autofokus sehr langsam. Die Lumix GF1 kommt den Spiegelreflexmodellen am nächsten – dennoch ist ein deutlicher Unterschied zu bemerken. Durch den trägeren Autofokus eignen sich Systemkameras nur bedingt für einige Einsatzgebiete. Bei Sportaufnahmen werden Sie mit viel Ausschuss rechnen müssen, ebenso wie bei allen Motiven, bei denen sich das zu fotografierende Objekt schneller bewegt.

Die große Fotoschule II - Micro-Four-Thirds
Für Sportaufnahmen sind die Systemkameras durch das langsamere Fokussieren nur bedingt geeignet. So fehlt hier beispielsweise der Ball auf dem Foto.

7. Die Kosten

Ein weiterer Punkt, bei dem die Systemkameras vielen Spiegelreflexkameras (noch) unterlegen sind, sind die Anschaffungskosten. Die Hersteller haben dies inzwischen auch erkannt und bieten entsprechend günstigere abgespeckte „Schwestermodelle“ an, um den Preis reduzieren zu können. Die Lumix DMC-G10 ist mit einem Preis von etwa 550 Euro eine abgespeckte Variante der Lumix DMC-G2, für die man knapp 600 Euro bezahlen muss. Dafür muss man bei der G10 auf einen schwenkbaren Touchscreen verzichten. Olympus handhabt es so, dass bei der preisgünstigeren E-PL1 (etwa 600 Euro) der elektronische Sucher gesondert erworben werden muss, während bei der PEN E-P2, die etwa 900 Euro kostet, der Sucher im Lieferumfang enthalten ist. Vergleicht man diese Preise mit Einsteiger-Spiegelreflexkameras, wird das Manko deutlich: Man erhält eine sehr leistungsfähige Canon 550D samt kurzbrennweitigem Zoomobjektiv für etwa 700 Euro. Eine ebenfalls leistungsfähige Nikon D5000 ist bereits für etwas mehr als 600 Euro zu erwerben, die kleinere D3100 sogar für etwa 570 Euro. Sie ist damit sogar günstiger als die Lumix DMC-G2. Noch deutlicher wird der Unterschied, wenn man nicht auf die aktuellen, sondern die etwas älteren Spiegelreflexmodelle zurückgreift, deren Funktionsumfang ebenfalls beachtlich ist. So kostet die gerade mal ein Jahr alte Nikon D3000 inklusive einem Standardzoomobjektiv heute etwa 470 Euro und die etwas ältere Canon 1000D knapp 400 Euro. Diese Kamera ist allerdings bereits zweieinhalb Jahre alt.

Für die Zukunft kann man annehmen, dass die Preise der Micro-Four-Thirds-Modelle weiter fallen werden beziehungsweise weitere im Funktionsumfang reduzierte und damit günstigere Kameras erscheinen. Da aber die Preise bei den Spiegelreflexkameras ebenfalls tendenziell fallen, ist fraglich, ob der Preisunterschied zwischen den Systemen reduziert werden kann.

Fachbegriffe zu Four Thirds

Einige Fachbegriffe werden Ihnen im Zusammenhang mit Four-Thirds immer wieder begegnen. Einige wichtige Fachbegriffe haben wir hier für Sie zusammengestellt:

Auflagemaß Das Auflagemaß bestimmt den Abstand von der Bildebene (dem Sensor) bis zum Bajonett, an dem das Objektiv angebracht wird. Kameras, die ohne einen Schwingspiegel auskommen, besitzen daher ein deutlich kleineres Auflagemaß, da der Raum, den der Schwingspiegel in Anspruch nimmt, ja entfällt. So sind kompaktere Bauweisen möglich.

Formatfaktor Um den Bildwinkel, der sich bei den Objektiven des Four-Thirds-Standards ergibt, mit dem vergleichen zu können, der bei einer Aufnahme mit einer Kleinbildkamera entsteht, wird der sogenannte Formatfaktor benötigt. Er beträgt bei Four Thirds etwa 2. Das bedeutet, dass beispielsweise mit einer Brennweite von 100 mm genau derselbe Bildausschnitt entsteht, als wenn Sie bei einer Kleinbildkamera ein Objektiv mit einer Brennweite von 200 mm verwenden. Ein „Normalobjektiv“ besitzt beim Four-Thirds-System daher eine Brennweite von etwa 22 mm.

Four Thirds Oft wird vermutet, dass der Name des Four-Thirds-Standards von dem meist verwendeten Seitenverhältnis von 4:3 herrührt – dies ist aber nicht der Fall. Die Namensgebung stammt von einem sehr alten Verfahren. Dabei wird eine Videoröhre herangezogen. Der äußere Glasdurchmesser wird hier als Maßeinheit verwendet. Daher entspricht die Bildgröße bei einem Four-Third-Sensor der einer Videoröhre, die einen Außendurchmesser von vier Drittel Zoll misst.

Micro Four Thirds Beim 2008 vorgestellten neuen Micro-Four-Thirds-Standard wird ein kleineres Auflagemaß als bei den Kameras des Four-Thirds-Systems verwendet. Es beträgt 21 Millimeter. Durch das geringere Auflagemaß können kompaktere Kamerakonstruktionen entstehen. Ein Adapter sorgt dafür, dass dieselben Objektive eingesetzt werden können. Die erste Micro-Four-Thirds-Kamera war die Panasonic Lumix DMC-G1.

Frage an den Experten

Michael Gradias

Vor- oder Nachteile von Micro Four Thirds

Durch das geringere Auflagemaß der Micro-Four-Thirds-Kameras sind noch kompaktere Bauweisen möglich. So können kleine, leicht verstaubare „Immer-dabei“-Kameras entstehen, die auch durch ihr geringes Gewicht positiv auffallen. Es ist keine riesige Fototasche und die damit verbundene „Schlepperei“ nötig, wenn man mit verschiedenen Objektiven auf Fototour geht. Durch die Objektivwechselmöglichkeit behält man dennoch die kreativen Optionen, die man von den Spiegelreflexkameras gewohnt ist. Die Zukunft muss allerdings noch weitere gute Objektive bringen, da das Angebot momentan überschaubar ist. Aber die Micro-Four-Thirds-Kameras haben auch Nachteile: So sind alle aktuellen Modelle relativ teuer. Sie liegen in einer Preiskategorie, in der man auch die Einsteiger-Spiegelreflexkameras findet. Deren größerer Sensor sorgt für eine bessere Bildqualität und ein geringeres Bildrauschen. Für den Gelegenheitsanwender, der seine Ergebnisse nicht mit der Lupe betrachtet, ist dieser Nachteil der kleineren Sensoren allerdings nicht besonders groß – Perfektionisten stören sich jedoch an den Unterschieden. Die Low-light-Fähigkeit der Micro-Four-Thirds-Kameras ist durch das stärkere Rauschen bei hohen Empfindlichkeiten aber ein wenig eingeschränkt. Auch das geringe Gewicht kann sich gelegentlich als Nachteil erweisen, weil die Kamera dadurch bei Freihandaufnahmen leichter „verrissen“ werden kann, was schnell zu Verwacklungsunschärfen führt.

Zurück